Die sieben Todsünden der Hundehaltung
Die Geschichte einer Hundehaltung mit Hindernissen oder „Was Menschen alles falsch machen können“
geschrieben 2005
Mein sehnlichster Wunsch, seid ich denken kann, war ein Hund. Damals im Alter von ca. 5-6 Jahren erwachte der Wunsch nach diesem treuen Begleiter in mir. Beeinflusst durch „Lassie“ wünschte ich mir immer wieder zum Geburtstag und zu Weihnachten einen Hund. Meine Mutter, allein erziehend mit zwei Kindern und in der Wohnung ihrer Pflegeeltern wohnend, hatte dafür, aus heute verständlichen Gründen, kein offenes Ohr. Bei Hertie sah ich dann einen „Lassie“ in Lebensgröße von der Firma „Steif Knopf im Ohr“. Wenn ich schon keinen echten Hund bekommen konnte, dann sollte es wenigstens ein großer Stoffhund sein. Weit gefehlt ! Ich bekam einen ziemlich kleinen, keiner Rasse zugehörenden Stoffhund der auch noch quietschte, wenn man auf seinen Brustkorb drückte. Nach dieser Pleite habe ich meinen Wunsch nicht mehr geäußert. Dass ich aber nach wie vor auf Hunde stand bekam meine Mutter mit, weil ich jeden Hund, der mir begegnete streicheln wollte. Einmal bin ich sogar gegen eine dicke Litfaßsäule gerannt, weil auf der anderen Straßenseite ein Hund lief und ich nicht mehr wegschauen konnte. Im Herbst 1969, als ich 9 Jahre alt war zogen wir in eine eigene Wohnung nach Neuperlach. Hier gab es sehr viele Hunde. Als mich, nun 12 Jahre alt, meine Freundin Ingrid einmal besuchte und ich ihr erzählte, dass in der Nachbarschaft eine junge, kniehohe Mischlingshündin, „Schäfter-Spitz-Pudel“ , namens Susi wohnt, meinte sie wir könnten doch mal bei der Besitzerin vorbeischauen und fragen ob wir mit Susi gassi gehen dürfen. Ich wollte erst nicht, da ich von mir ausging und ich würde keinem anderen meinen Hund geben. Ingrid überredete mich und wir fragten bei Frau Kain nach. Sie war sofort einverstanden und von da an ging ich jeden Tag, wenn Frau Kain um 17.00 Uhr von der Arbeit heim kam mit Susi gassi. Frau Kain war darüber sehr froh, da sie sich dann gleich um das Abendessen für ihre Familie kümmern konnte. Etwas später bekam ich den Wohnungsschlüssel und ich konnte Susi gleich nach der Schule holen. Zu Susi holte ich dann noch Blacky, einen Riesenschnauzer-Mix von Frau Müller, ab. Das waren meine beiden Haupthunde. In laufe der Jahre hatte ich noch Nicky, einen Cockerspaniel, Andra, einen Dt. Drahthaar und Poldi, einen Schnauzer-Mix zum Gassi gehen dazubekommen. Alle, außer Andra, musste ich auch erziehen, da die Besitzer keine Zeit und anscheinend auch keine Lust hatten, das zu tun. Wie das ablief werdet ihr etwas später erfahren. Eines Tages, ich war dann schon 15 Jahre alt, brachte Hans, der Sohn von Frau Kain, eine 8 Monate alte Schäferhündin mit nach Hause. Er hatte sie einem Bauarbeiter, der sie gerade mit einer Baulatte erschlagen wollte, weggenommen. Familie Kain konnte die Hündin nicht behalten, da Susi es nicht zuließ. Ich sah meine Chance und habe Mama gefragt ob wir sie nicht behalten könnten. Die Antwort war wie immer nein, aber ihr Argument, der Hund sei zu groß für eine Wohnung im sechsten Stock, ist ihr zum Verhängnis geworden. Wenn es nicht dieser große Hund sein darf, dann eben ein kleiner. Eine ganze Nacht habe ich geweint und am nächsten Tag stand fest, ich bekomme einen eigenen kleinen Hund.
Beim Tag der offenen Tür im Tierheim Riem habe ich mir dann ein paar Tage später einen schwarzen einjährigen Cockerspaniel herausgesucht. Da an diesem Tag keine Hunde abgegeben wurden fragte ich die Pflegerin wann ich am Montag kommen kann. Ab 13.00 ist wieder offen, war die Auskunft. Ich hatte um 12.00 Schule aus und Hans hat mich in seiner Mittagspause abgeholt und nach Riem gefahren. Um Punkt 13.00 öffneten sie die Türe. Ich lief gleich zu dem Zwinger in dem der Cocker am Sonntag gewesen war. Aber er war nicht mehr da. Als ich die Pflegerin fragte, wo dieser Hund sei, sagte sie nur ganz schnippisch, den hätten sie heute Vormittag schon abgegeben. Ich war verzweifelt, da ja sonst nur noch große Hunde da waren und ich ja nur die Erlaubnis für einen kleinen hatte. Aber das Schicksal meinte es gut mit mir. Es waren in einem Zwinger fünf kleine Welpen, die sie am Sonntag anscheinend verräumt hatten, weil sonst jeder nur diese haben hätte wollen. Ich suchte mir die Zwingerkarte von einer 6 Wochen alten, kleinen, schwarzen Hündin heraus und ging zum Abgabeschalter. Hier kamen die nächsten Probleme. Ein junges Pärchen wollte „meinen“ Hund haben und hat versucht mir die Zwingerkarte abzuluchsen. Aber ich habe sie nicht mehr aus der Hand gegeben. Dann war da die Dame am Schalter. Sie wollte mir den Hund nicht geben, weil ich noch nicht volljährig war. Alles diskutieren half nichts, sie hatte ihre Vorschriften. Hans hatte sich das ganze eine Weile angeschaut und kam jetzt zu mir und hat den Hund „gekauft“ und ihn mir geschenkt. Da war für die „Schalterdame“ wieder alles in Ordnung ! Für mich auch ! Ich hatte endlich meinen eigenen Hund, eine süße kleine Zwergschnauzer-Pudel-Mischlingshündin. Die Bedingungen, dass ich diesen Hund haben durfte waren: 1. Die Hausaufgaben mussten bis meine Mutter abends heim kam fertig sein. War kein Problem, da das vorher auch schon so war! 2. Sämtliche Kosten für den Hund musste ich selber übernehmen. War zwar hart, aber auch kein Problem, da ich alles Geld, das ich je geschenkt bekommen hatte angespart habe. 3. Die Erziehung war allein meine Angelegenheit. War auch kein Problem, da ich ja jahrelang die Hunde anderer Leute erzogen habe. Aber wie !? Nach Schäferhundbüchern, damals das non plus ultra in der Hundeerziehung. Alles lief nur über das „Meideverhalten“ und den absoluten „Kadavergehorsam“ . Zitat aus einem der Hundeerziehungsbücher, von einem Tierarzt verfasst: „Man binde den ungehorsamen Hund an einen Heizkörper und prügle ihn solange bis er uriniert !“. Der Rest verlief nach dem Motto nicht gestraft ist schon genug gelobt ! Das einzige, was ich, aus heutiger Sicht, richtig gemacht hatte war die Sozialisierung mit anderen Hunden. Candy I, meine kleine schwarze Mischlingshündin, war ausgewachsen nur ca. 5 kg schwer, aber ich hatte sie nie hochgehoben wenn ein anderer Hund kam und sie ist mit allen Hunden super ausgekommen. Aber wenn ich heute so zurückblicke muss ich sagen, dass sie nie richtig glücklich war. Im Vergleich zu meinem späteren ersten Border-Terrier Candy II hat sie so gut wie nie mit dem Schwanz gewedelt, dafür konnte ich mich 100 % darauf verlassen, dass sie meine Befehle befolgte und sie hätte mich auch verteidigt. Sie hatte den absoluten Kadavergehorsam. Die Sozialisierung mit anderen Menschen habe ich gar nicht gefördert, ganz im Gegenteil, ich habe sie von allen anderen Menschen fern gehalten, da es ja MEIN Hund war. Der Erfolg war, dass sie niemand anderer, vor allen keine anderen Kinder, anfassen durfte.
Ich wurde zwar immer älter, aber dazugelernt hatte ich immer noch nichts. Von wem auch, es gab ja damals nur Schäferhundvereine und da durfte ich, wahrscheinlich zum Glück, mit meinem Mini-Mischling nicht hinein. Inzwischen war ich 22 Jahre alt und konnte mir nun einen lang ersehnten Wunsch erfüllen. Ein Irish Wolfhound sollte es sein ! Wie bekommt man so einen Rassehund ? Vom VDH hatte ich damals noch nichts gehört, also schaut man in die SZ . Nach etlichen Wochen, ich war schon soweit mich mit einem Riesenschnauzer zufrieden zu geben, stand endlich einer in der Zeitung. Wegen der Läufigkeit, damals hat man nicht einfach so, ohne medizinische Indikation, kastriert, hatte ich mich für einen Rüden entschieden. Ich wollte so ein wenig ins das Zuchtgeschehen hineinschnuppern, den mein allergrößter Wunsch war es ja Hunde zu züchten. Candy I war zu der Zeit 7 Jahre alt, als Cliff im Alter von 6 Monaten zu uns. Wie ich dann später gelesen habe, war das ein ganz und gar ungünstiger Zeitpunkt, da mit 6 Monaten die zweite Sozialisierungsphase gerade abgeschlossen ist und nun gefestigt werden sollte. Cliff war bis zu diesen Zeitpunkt noch nie in einem Haus gewesen. Er wuchs mit seinen Geschwistern in einer Scheune mit Baustahlmattenverschlag auf. Eigentlich hätten wir ihn, als wir die Verhältnisse bei seiner "Züchterin" gesehen haben, gar nicht mitnehmen sollen, aber wenn man schon so weit fährt, dann will man doch nicht ohne heimfahren und und und ....
Es war schon schwierig diesen Riesenhund ins Auto zu verfrachten, da er das auch noch nie erlebt hatte. Zu Hause angekommen gab es dann das nächste Problem. Er ging nicht freiwillig ins Haus hinein. Nach etlichen Versuchen habe ich dann Candy I, die gerade läufig war, geholt und ihm vor die Nase gehalten. Dadurch lies er sich dann überreden mitzugehen. Wir hatten ihm in der Küche ein schönes großen Lager aus einen dicken Bettschoner gemacht, aber das kannte er auch nicht und ging ständig, wie ein Tiger im Käfig, auf und ab. Irgendwann hat er sich dann doch hingelegt, aber immer wenn jemand zur Türe herein kam und das ist bei einem 5 Personen-Haushalt schon öfter der Fall, sprang er wieder auf und ist dann wieder herumgetigert. Am nächsten Morgen dann der nächste Schock. Er war natürlich nicht stubenrein, was ja klar war, aber er war auch nicht gesund. Er hatte Durchfall, die Augen waren vereitert, die Ohreninnenseiten knallrot, Cliff hatte sich die ganze Nacht blutig gekratzt, am Ellenbogen war eine dicke Beule und aus seinem Penis kam grüner Eiter. In der Tierklinik stellten Sie zu dem starken Wurmbefall und der Ohren- Augen- und Vorhautentzündung dann noch fest, dass er nur einen Hoden und eine Verletzung auf der Augenhornhaut hatte. Dazu einen überaus starker Juckreiz, der Cliff zum ewigen „Aufbeißen „ und „Kratzen“ zwang. Die „Beule“ am Ellenbogen war keine, wie ich zuerst vermutet hatte, eingewachsene Zecke, sondern er hatte ich schon bei der „Züchterin“ den Ellenbogen durchgelegen, da er auf viel zu harten Untergrund gelegen hatte.
Nun hatte ich mich entschlossen, beim VDH anzurufen, nachdem die „Züchterin“ auf meinen Anruf sehr unfreundlich reagiert hatte. Wir wären wohl bei offenem Fenster (im Februar !!!) nach Hause gefahren und daher hätte er wohl die Augen- und Ohrenentzündung, für die Vorhautentzündung gäbe es eine Spülung und dann müsste man ihn ja auch noch mal entwurmen. Es gäbe auch gute Shampoo, die den Juckreiz stillen würden und von der Netzhautverletzung wüsste sie nichts. Dass der Hund nur einen Hoden hat tut ihr leid, sie würde mir fünfzig DM nachlassen (der Kaufpreis betrug 1000,00 DM !!) oder ich sollte mir einen anderen Hund von ihr aussuchen. Ich habe beides abgelehnt und die Angelegenheit mit dem Windhundrassebeauftragten des VDH besprochen. Der war Anfangs nicht sehr begeistert, dass ich mich erst jetzt, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, an ihn gewand habe. Wenn ich mich vorher erkundigt hätte, hätte ich von ihm Namen von seriösen Züchtern des VDH’s bekommen und hätte keinen kranken Hund von einem Dissidentsverband gekauft. Er hat mir dann bei Aufsetzen eines Schreibens geholfen, in dem ich DM 500,00 zurückgefordert habe. Die Züchterin hat ohne Kommentar DM 250,-- an mich überwiesen und weil ich keinen Einspruch eingelegt habe, da ich es ja nicht wusste, und das Geld nicht sofort zurücküberwiesen habe, galt dies als Einverständniserklärung für die 250,00 DM und ich konnte nicht mehr machen.
Nach der Ellenbogen und Hoden –OP war ich noch 1 Jahr Dauergast in der Tierklinik und der Tierarzt hat sich sehr bemüht, aber weder die Entzündungen noch der Durchfall und Juckreiz ließen nach. Nach einem Allergietest, der sehr schlecht ausgefallen war, (er hatte in seinem Blut 44 Allergiezellen, normal sind 3-5 ) habe ich mich entschlossen ihn einschläfern zu lassen. Ich musste jeden Tag den Durchfall wegputzen, den Hund mit Sagrotan einsprühen und Cliff musste die ganze Nacht mit einem geschlossenen Ledermaulkorb schlafen, damit er sich nicht ausbeißt. Die aufgebissenen und aufgekratzten Stellen heilten auch sehr schlecht zu und wenn er mit dem Schwanz wedelte und an die Mauer schlug spritze schon wieder das Blut. Für einen jungen Hund war er sehr schlapp und träge. Durch den ewigen Durchfall war er auch für einen Windhund ausgesprochen mager. Als ich dem Tierarzt meinen Wunsch äußerte, meinte er, er möchte noch etwas versuchen, den es wäre doch für so einen jungen und netten Hund schade. Es wäre das letzte was ihn noch einfalle und ich willigte sofort ein, denn ich wollte ja nichts unversucht lassen. Ich weis nicht was er Cliff gespritzt hat, aber es hat wie ein Wunder gewirkt. Er hat es mir nie gesagt und ich habe mit anderen befreundeten Tierärzten darüber gesprochen, die der Meinung waren, dass es eine Überdosis Cortison gewesen sein muss. Cliff war ab dem nächsten Tag gesund! Die Augen- und Ohrenentzündung heilte ab, der Durchfall war weg und der Juckreiz ließ sehr schnell nach und kam auch nie wieder. Drei Wochen sollte diese Spritze wirken, aber als Cliff nach 3 Monaten immer noch keinen Rückfall erlitten hatte, habe ich in der Tierklinik angerufen und gesagt, dass die Spritze immer noch wirkt. Der Tierarzt verneinte und meinte Cliff wäre jetzt ok. Das war seine Krankengeschichte, nun zur Erziehung.
Cliff war absolut stur, aber wenn er nach meiner damaligen Erziehungsmethode ein’s auf die „Rübe“ bekam, dann hatte er sich das für immer gemerkt und es auch befolgt! Es lief im Großen und Ganzen genauso ab wie bei Candy I. - Nicht gestraft ist schon genug gelobt. - Cliff hatte auch als Welpe anscheinend nicht gelernt mit Menschen zu spielen und ich wusste auch nicht wie ich es ihm jetzt noch beibringen konnte. Mit Hunden wollte er spielen, aber die mit nicht ihm. Sie hatten, bis auf „Raya“, die Boxer-Mix-Hündin unseres ehemaligen Bürgermeisters, alle Angst oder haben ihn, wenn er freudig auf sie zulief, gleich gebissen. Raya ist nach kurzer Zeit an einem Hirntumor gestorben und so hatte Cliff keinen mehr, der mit ihn spielte. Er war auch zu Menschen sehr zutraulich und wollte immer gestreichelt werden, aber auch da hatten die meisten Angst wegen seiner Größe. Einer hat ihm sogar einen großen Stein auf den Kopf geschlagen, dass er eine Platzwunde davongetragen hatte. Aber den größten Fehler habe natürlich wieder ich gemacht. Cliff war bereits sieben Jahre bei uns als wir ihm einen Zwinger im Garten bauten. Ich wollte ihn vorsorglich langsam daran gewöhnen, da es meiner Schwiegermutter, die ihn bis dahin tagsüber betreut hat, gesundheitlich nicht mehr so gut ging. Als der Zwinger fertig war wollte mein Mann, dass Cliff sofort nach draußen kam, ohne langsame Umgewöhnung. Ich habe es zugelassen! Cliff hatte nun nicht mal mehr die täglich Ansprache von meiner Schwiegermutter, außer dem kurzen Spaziergang, den sie immer noch jeden Tag mit ihm machte. Cliff fing nun an Löcher zu graben und wenn ich abends heim kam schimpfte meine Schwiegermutter, dass Cliff wieder ihre Blumenbeete umgegraben hat. Ich ging dann zu Cliff und bestrafte ich dafür. Eines Tagen, als ich ihn wieder einmal dafür bestraft hatte und mich von ihm abwandte, da ich wieder ins Haus gehen wollte, hörte ich ein dumpfen Knurren, drehte mich blitzschnell um (ich war damals noch zweimal wöchentlich beim Selbstverteidigungstraining) und konnte gerade noch einen Block zum Schutz meines Gesichts machen. Cliff griff mich, wie von Sinnen, an. Er hatte wegen des Blocks mein Gesicht zu Glück verfehlt und mich dafür seitlich an der Brust erwischt. Ich habe ihn immer wieder mit beiden Händen abgewährt und ihn dann um den Hals zu fassen bekommen und ihm so laut ich konnte ins Ohr geschrieen. Daraufhin hat er aufgehört. Da ich Blut an den Händen hatte bin ich ins Bad um sie mir zu waschen. Da habe ich erst gesehen welche schweren Verletzungen ich hatte. An der linken Hand klaffte eine tischtennisballgroße Wunde zwischen Daumen und Zeigefinger. Die rechte Hand war unterhalb des Handgelenkt bis zu Hälfte offen. Die ca. 4cm lange Wunde oberhalb der rechten Brust war nicht schlimm.
Ich war eine Woche im Krankenhaus, wurde nach drei Monaten operiert (Nervenimplantation) und war für acht Monate krank geschrieben. Zwei Jahre musste ich zweimal wöchentlich zur Krankengymnastik bis ich meine Hände wieder voll einsetzten konnte. In dieser Zeit hatte ich viel Zeit zum lesen. Diesmal die richtige Hundelektüre, Trumler und Ziemen. In einem der Bücher konnte ich nachlesen, was mit Cliff geschehen war und warum es soweit gekommen ist. Jeder Hund hat eine angeborene Aggressivität, die er zum Überleben und zur Arterhaltung braucht. Er muss diese Aggressivität aber immer wieder in kleinen Dosen „ausleben“. Am natürlichsten im Rudelverband, zum Beispiel bei der Rangfolge, Jagd, Verteidigung und im Spiel. In der Rangfolge war er der niedrigste, da die 7 Jahre ältere Candy I von Anfang an über ihn stand und der Rudelführer war ja ich. Jagen habe ich ihn natürlich verboten und Verteidigen hatte er nie gelernt, er wurde immer von den anderen Hunden gebissen. Für Cliff wäre ja nur das Spiel in Frage gekommen, aber wie schon erwähnt hatte er ja keinen Spielkameraden mehr und das Spiel mit dem Menschen kannte er nicht. Dazu kam, dass er von vielen Hunden, denen er sich in friedlicher Absicht näherte attackiert wurde und so seine Aggressivität noch mehr aufgestaut wurde, bis sie dann, nach sieben Jahren, zum unkontrollierten Ausbruch kam. Genau dieses Phänomen wurde in einem der Bücher genau beschrieben, auch der Zeitraum von 7 Jahren stimmte überein. Jetzt wusste ich zwar, dass Cliff für sein Verhalten nichts konnte, aber ich hatte doch ziemliche Angst vor ihn. In dem Buch stand auch, dass es nach so einem Ausbruch, wieder ungefähr sieben Jahre dauern wird, bis sich wieder soviel Aggressivität angesammelt hat und es nochmals dazu kommt, aber ich konnte Cliff nicht mehr behalten. Einschläfern wollte ich ihn auch nicht, da er ja nichts dafür konnte. Durch die Vermittlung eines Tierheims kam Cliff zu einem älteren Ehepaar. Ich habe weder dem Tierheim, noch dem Ehepaar von diesem Vorfall erzählt, weil ich mir sicher war, dass ihn dann niemand mehr hätte haben wollen und durch die Aussage im dem Buch, dass es wieder 7 Jahre dauern würde, Cliff das nicht mehr erleben würde. Das ich damit Recht hatte habe ich nach 1 Jahr erfahren. Cliff wurde von zwei Kampfhunden angegriffen und schwer verletzt und er hat sich wieder nicht gewehrt. Das Ehepaar ist mit Cliff in ein südliches Land ausgewandert und wir hatten dann keinen Kontakt mehr.
Durch die Bücher von Trumler und Ziemen hatte ich dann doch einiges dazugelernt. Doch solche Bücher müsste man immer wieder lesen, da die Fülle an Informationen so groß ist, dass man nach einmaligem Lesen nur einen Bruchteil davon wirklich gut verstehen und sich vor allem auch merken kann. Die nächsten Fehler waren somit schon vorprogrammiert ! Bevor die Sache mit Cliff passierte, hatte ich mir bei einem Züchter in Franken eine Border-Terrier-Hündin bestellt, um meinen Traum von der Hundezucht nun doch noch wahr werden zu lassen. Candy II kam dann im Dezember 1989 ins Haus. Sie war ein absolut fröhlicher Welpe mit einem „Will to please“, aber auch ein echter Terrier. Weil sie gerne lernte brauchte ich bei Ihr die alte „Schäferhundmethode“ nicht anwenden und hatte so einen super folgsamen und gerne „arbeitenden“ Hund. Als Candy II ein halbes Jahr alt war schaute ich bei einem Hundeverein, der einen „Tag der offenen Tür“ veranstaltete, vorbei und war begeistert von den beiden Sportarten, Schutzdienst und Turnierhundesport, die sie dort vorführten. Da in diesem Verein alle Rassen und Mischlinge, egal welcher Größe, willkommen waren habe ich mich entschlossen mit Candy dort eine Ausbildung zu machen und mir diesmal dabei helfen zu lassen. Es wurde zwar auch dort noch viel „geruckt“, aber auch sehr viel mit Motivation und Leckerlis gearbeitet. 1991 hat uns dann Candy I im Alter von 15 ¾ Jahren verlassen. Candy II hat mir mit ihrem fröhlichen Wesen sehr über den Verlust hinweggeholfen. Ich ging regelmäßig ein- bis zweimal die Woche zum Training und an den Wochenenden zu Ausstellungen, die ich für mein Zuchtvorhaben benötigte. Im Oktober 1991 bekam Candy ihren 1. Wurf mit Komplikationen (Kaiserschnitt). Von den Welpen habe ich natürlich eine Hündin behalten. Aileen wurde, wie fast alle nachfolgenden Terrier, auch in diesem Verein ausgebildet und bekam 1993 und 1995 je 1 Wurf. 1994 bekam Candy ihren 2. Wurf (wieder Kaiserschnitt) und wurde da dann gleich kastriert. Ende Juni 1994 holte ich mir eine Border-Terrier-Hündin aus einem auf Leistung gezüchteten Zwinger. Bonny ist jetzt 11 Jahre, hat drei Würfe gehabt und sehr viele Erfolge im Agilitysport errungen. November 1995 holte ich mir noch eine Hündin. Luca war ein sehr schwieriger Welpe, da sie von ihrem Züchter keine anständige Prägung bekam, aber da sie ein super Wesen hatte konnte man mit viel Geduld die Fehlprägungen wieder ausmerzen. Aileen wurde im Februar 1996 überfahren und somit war meine Hauptzuchtlinie nicht mehr da, da ich erst aus dem nächsten Wurf von Aileen wieder eine Hündin behalten wollte und Candy, ihre Mutter, war ja schon kastriert. Als „Ersatz“ holte ich eine Hündin aus Hamburg von der besten Borderzüchterin in Deutschland. Doreen ist heute 9 Jahre alt und lebt jetzt friedlich mit 4 Töchtern, Jessica, Patty, Queen und Fly, aus drei Würfen und Bonny bei mir. Aber das war ein langer, ereignisreicher und schmerzhafter Weg bis heute.
Durch den frühen Verlust von Aileen mit ihren erst vier Jahren, habe ich mit Doreen eine neue Zuchtlinie aufgebaut. Zu der Zeit lebten Candy II, Bonny, Luca und Doreen bei uns. Laut Trumler/Ziemen ein gewachsenes Rudel. Das heißt die Rudelmitglieder sind nicht miteinander verwandt aber schon als Welpe ins Rudel integriert worden. Es gab Spannungen, die ich aber damals nicht deuten konnte, zwischen Candy, die bis dahin Rudelführerin war, und Doreen. Sie hat sich Candy nie unterworfen und jede Schwäche von ihr ausgenutzt. Als ich einmal mit meinem Mann auf der Cruft’s in England war und meine Mutter auf das Rudel aufpasste haben sich Candy und Doreen bei spazieren gehen so ineinander verbissen, dass sie sehr schwer zu trennen waren. Als ich wieder da war schien alles wieder in Ordnung zu sein. 1998 hatte ich dann die Gelegenheit, eine von mir gezüchtete Hündin, aus meiner Aileen, zurückzubekommen, da der Besitzer keine Zeit mehr für sie hatte. Dinah war damals 2 ½ Jahre alt und ich habe nur gesehen, dass sie sehr schön und unkastriert war und somit eine Möglichkeit wieder in meine Linie zurückzukehren. Dass sie sehr dominant und anscheinend zwei Jahre sich selbst überlassen war wollte ich einfach nicht sehen. Ich habe sie also zurückgenommen. Mein Rudel war überhaupt nicht begeistert von so einer unsozialisierten „Bestie“. Dinah hat alle Hunde, egal ob Rüde, Hündin, groß oder klein, ohne Vorwarnung regelrecht angefallen. Ihre Jagdpassion war so stark, dass sie alles Jagdbare (Reh, Hase, Katze, Ratte, Igel usw.), wenn möglich, sofort tötete. Ich habe sie zwei mal von einem Baum, auf dem sich eine Katze geflüchtet hatte, aus ca. 2m Höhe heruntergeholt. Wir hatte ½ Jahr lang fast täglich Kämpfe zwischen Candy und Dinah. Diese Situation in den Griff zu bekommen war ziemlich schwer, aber ich hatte ja Trumler/Ziemen und noch andere Bücher über das Verhalten von Hunden. Durch unser Verhalten gegenüber Dinah zeigten wir ihr wo ihr Platz im Rudel war. Sie durfte nie erhöht sitzen, bekam als letzte ihr Futter und ihre Streicheleinheiten. Wenn sie sich vordrängelte wurde sie ignoriert. So bekamen wir die rudelinternen Streitereien so langsam in den Griff. Das Jagen und die Angriffe auf die anderen Artgenossen konnte ich nur mit Hilfe des Tele’s lösen. In dieser Zeit bekam Doreen ihren ersten Wurf, von dem ich eine Hündin, Jessica, behalten habe. Jessica war für Dinah sehr gut. Sie zeigte sich als liebenswürdige „Tante“, die mit ihr sehr schön spielte und so dann doch noch jemanden im Rudel hatte, der sie mochte. So ist mein Rudel in kürzester Zeit auf 6 Hündinnen angewachsen. Was ich aber wieder nicht bedacht hatte war, dass Doreen ja jetzt, da sie eine Hündin behalten hatte, auch die Rudelführung beanspruchen sollte, aber es zwischen den beiden seid dem Zwischenfall bei meiner Mutter nie mehr zum offenen Kampf gekommen ist, das Doreen immer nur wenn ich nicht hinschaute versuchte zu dominieren, aber ansonsten bei mir „schleimte“. Der „Störfaktor“ Dinah und diese veränderte Situation brachten eine immer stetiger steigende Spannung in das Rudel. Ende 1998 bekam Dinah ihren ersten Wurf. Sie hatte inzwischen ihren untersten Platz im Rudel akzeptiert und somit gab es keine Probleme, dass sie jetzt eine welpenführende Hündin war. Ein Jahr später hatte sie ihren 2. Wurf und „Mensch“ machte wieder einen folgenschweren Fehler. Als die Welpen 6 Wochen alt waren fuhr ich übers Wochenende zur Agility DM nach Bretten. Wir durften bei einer Bekannten übernachten und da Dinah schon einmal eine Hündin dieser Bekannten „gepackt“ hatte, habe ich beschlossen sie bei den Welpen zu lassen. Eine Freundin von mir passte auf sie auf. Ich hatte ihr genaue Instruktionen gegeben, wie sie sich gegenüber Dinah und den Welpen verhalten musste. Sie hat sich leider nicht daran gehalten und so nahm das Schicksal seinen Lauf. Sie ließ Dinah mit ihren Welpen auf meinem „Rudelführersofa“, auf das kein Hund durfte, sitzen und hat sie somit in der Rangordnung auf die höchste Stufe gestellt. Dinah hat sofort ihre Chance erkannt und meiner Freundin gleich ihr Essen von Tisch geklaut. Das habe ich aber erst später erfahren, sonst hätte ich am Montag besser aufgepasst. Die Hunde waren im Garten und haben herumgetobt. Plötzlich hörte ich ein Knurren, dass sich nicht mehr nach Spiel angehört hat. Ich habe sofort aus dem Fenster geschaut und gesehen wie vier Hunde (Candy lag in der Küche im Körbchen) an Dinah herumzerrten. Sie haben sie regelrecht in der Luft zerrissen. Da wir ein Hanghaus haben dauerte es bis ich in den Garten kam und die Hunde von Dinah abließen. Sie war von vorne bis hinten gelähmt und musste dann nach ein paar Tagen doch eingeschläfert werden. So traurig das sein mag, aber für das Rudel war es offenbar sehr gut, da ab jetzt alles viel harmonischer ablief. Da Doreen immer nur im stillen intrigierte, nahm das Schicksal weiter seinen Lauf. Als Candy ein Jahr später kleine Schwächen in der Hinterhand zeigte, aber die Rudelführung immer noch nicht abgeben wollte war sie „reif“ für Doreens Angriff. Es war wieder ein Montag, an dem ich wie immer zu Hause beschäftigt war. Ich war im Arbeitszimmer am Computer und hatte die Türe angelehnt. Candy war, wie immer, im ihrem Korb in der Küche. Die anderen spielten im Garten. Candy muss wohl gemeint haben ich wäre auch im Garten sonst wäre sie niemals hinunter gegangen. Als ich wieder dieses typische Knurren hörte lief ich gleich zum Fenster, aber Candy lag schon tot im Schnee. Bis ich runter kam haben sie schon angefangen sie aufzubrechen. Mein Mann musste mich zurückhalten, sonst hätte ich die anderen alle erwürgt. Ich hatte so eine unbeschreibliche Wut, auch auf mich selbst, dass ich nicht besser aufgepasst habe.